Apotheken-Notdienst

Mit den Depressionen des Partners umgehen lernen – Praxistipps und Hilfestellungen

gesundu.de

Im Zimmer mit Depressionen

Depressionen sind nicht einfach nur Phasen, in denen Betroffene sich niedergeschlagen fühlen und einfach „schlecht drauf sind“. Vielmehr handelt es sich bei einer Depression um eine ernstzunehmende Erkrankung, die von Mediziner*innen als eine Ansammlung unterschiedlicher Krankheitszeichen verstanden wird. Depressionen können nicht nur die Psyche so stark in Mitleidenschaft ziehen, dass irgendwann vielleicht sogar Suizidgefahr besteht. Vielmehr können sie auch schwere körperliche Folgen haben. Erschreckend ist, dass sie weiterverbreitet sind, als oft angenommen. So bekommt gar jeder fünfte Bundesbürger mindestens einmal in seinem Leben eine Depression.

Wenn auch die Depression für die Betroffenen natürlich am schlimmsten ist, leiden unter der Erkrankung nicht selten auch die Angehörigen und Bekannten. Besonders für Partner*innen (ab jetzt der Einfachheit halber nur noch als „Partner“ bezeichnet) in einer Beziehung oder gar einer Ehe ist es nicht immer einfach, sich richtig zu verhalten. Was heißt das eigentlich, „richtig“ mit einer oder einem Depressiven umzugehen? Und wie kann man als Partner den Betroffenen das Leben mit der Krankheit erleichtern, welche Hilfestellungen gibt es?

Wie eine Depression die Partnerschaft beeinträchtigt

Eine Depression bedeutet immer, dass sich das Leben der betroffenen Person sowie aller Angehörigen und des Umfeldes gravierend ändern kann. Veränderungen finden in jedem Falle statt. So führen Betroffene nicht selten auf einmal ein ganz anderes Leben, da ihnen die Freude an den einfachsten Dingen fehlt. Wo vorher vielleicht schöne Spaziergänge an der frischen Luft, Gesellschaftsspiele und Filmabende mit dem Partner an der Tagesordnung waren, fehlt plötzlich zu all dem die Lust und die Kraft. Auch das Sexualleben und grundsätzlich der körperliche Kontakt können von einer Depression stark in Mitleidenschaft genommen werden.

Wie auch immer die Veränderungen durch die Krankheit im Einzelfall aussehen mögen – sie belasten vor allem die Partnerschaft fast immer in irgendeiner Weise. Denn der menschliche Kontakt ist nun einmal in aller Regel zum eigenen Partner am größten.

Eine Depression ist also eine ernstzunehmende Krankheit und eine Herausforderung für die Beziehung zugleich. Partner betroffener Personen müssen nicht nur lernen, mit der veränderten Situation und belasteten Beziehung richtig umzugehen, sie müssen auch lernen, selbst nicht ebenfalls zu stark unter der Depression zu leiden. Dafür ist es allerdings zunächst wichtig, zu verstehen, dass die Krankheit real ist und dass sie anzunehmen und zu respektieren ist.

Die Krankheit akzeptieren und respektieren

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei einer Depression um eine Krankheit im medizinischen Sinne. Diesen Fakt zu verinnerlichen, ist vor allem für die Partner depressiver Personen enorm wichtig. Denn wie auch in zahlreichen anderen Situationen, kann eine Depression etwas sein, was sich von außen nicht wirklich verstehen lässt.

Es gibt unzählige Dinge, die man am Partner vielleicht nicht immer ganz versteht. Wenn eine Beziehung und ein Zusammenleben aber möglichst reibungslos funktionieren sollen, gilt es, auch gewisse Dinge, die einem vollkommen unverständlich sind, hinzunehmen und zu akzeptieren.

Gerade bei einer Depression ist es unabdingbar, dass die Krankheit vom Partner akzeptiert und vor allem respektiert wird. Es handelt sich hier nicht um eine „Laune“ oder eine „schwierige Phase“. Hier kann der Partner nicht einfach sagen, dass er sich Mühe gibt, morgen wieder „besser drauf zu sein“. Eine Depression bedeutet vielmehr immer auch harte Arbeit und Geduld, um dem Leben wieder Sinn zu geben und den gesunden emotionalen Zustand der Vergangenheit wiederzuerlangen.

Manchen Menschen wird erst, wenn der Partner Suizidgedanken äußert, klar, wie schwer die Belastung für einen Depressiven überhaupt ist. Am besten kommt es natürlich gar nicht zu diesem Punkt, weil von Anfang an versucht wird, der Depression entgegenzuwirken. Und weil der Umgang mit der Krankheit so professionell und empathisch wie möglich stattfindet. Dennoch sind Suizidgedanken unter Depressiven keine Seltenheit.

Sollte die Situation als Partner spätestens an diesem Punkt zu schwierig werden, ist es natürlich auch immer ratsam, sich Hilfe von außen zu holen. Ein erster Schritt kann der Kontakt mit der Telefonseelsorge oder einem sozialpsychiatrischen Dienst am Wohnort sein. Schätzt man die Situation akut als unberechenbar und gefährlich ein, ist es mitunter am besten einen (bzw. den bereits behandelnden) Arzt oder Psychotherapeuten zu informieren.

Mitgefühl zeigen, aber nicht selbst leiden

So schwer es auch sein mag, sich als gesunder Mensch in den depressiven Partner hineinzuversetzen, so wichtig ist der Versuch es doch, um diesen bei seiner Genesung zu unterstützen. Betroffene bekommen dadurch bestenfalls den Eindruck, nicht allein gelassen zu sein, mit ihrer Depression nicht hilflos dazustehen.

Mitgefühl für den an einer Depression erkrankten Partner fängt bei dem bereits erwähnten Verständnis und Respekt der Krankheit gegenüber an. Mitfühlen heißt, die Situation ernst nehmen und die Krankheit als reales Problem des Partners zu behandeln, ohne das Ganze zu dramatisieren. Gerade Hilfsbereitschaft, wenn der andere vielleicht gerade auch vermeintlich „einfache“ Dinge momentan nicht allein bewältigen kann sowie Anteilnahme in emotionalen Situationen sind enorm wichtig. Der Partner sollte das Gefühl bekommen, dass sich jegliche Aufgaben zusammen meistern lassen – scheinen sie anfangs auch noch so schwer.

Wird auf diese Weise mit einer Depression in einer Partnerschaft umgegangen, kommt es nicht selten auch vor, dass man aus einer derlei schweren Phase gemeinsam gestärkt hervorgeht. Ist die Depression „im Team“ überwunden, führt der Zusammenhalt danach oft zu einer noch viel emotionaleren und persönlicheren Beziehung.

Entscheidend ist jedoch, dass der Grat zwischen Mitgefühl und Mitleid erkannt und nicht überschritten wird. Die Stimmungen eines Depressiven sind oft mehr als schwer zu ertragen. Als Partner in einer Beziehung sollte man sich an der „Aufgabe“ als Helfer und Unterstützer auch nicht übernehmen. Zusätzliche professionelle Hilfe ist wie gesagt keine Schande, sondern meistens sogar sehr hilfreich.

Übrigens ist es als nicht betroffener Partner wichtig, nicht die gleichen Gefühlslagen zu durchleben, wie der Depressive. Es darf und soll sogar weiterhin Freude, Liebe und Glück empfunden werden und das darf auch gegenüber dem depressiven Partner gezeigt und ausgedrückt werden. Bestenfalls steckt eine solche Laune diesen ja zu irgendeinem Zeitpunkt sogar einmal an.

Dialoge auch über unangenehme Themen führen

Depressionen sind vollständig heilbar – gerade dann, wenn sie noch nicht chronisch geworden sind. Allerdings können sie trotzdem manchmal einen langen und nicht absehbaren Zeitraum andauern. Manche Depressionen dauern mitunter nur ein paar Tage oder wenige Wochen, bei anderen Menschen kann sich eine Depression aber auch über Monate oder gar Jahre erstrecken. Selbstverständlich kommt es gerade bei lang andauernden und hier insbesondere bei chronischen Depressionen immer wieder zu Situationen, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Problematisch ist, dass Depressive in ihrer Erkrankung nicht immer in der Lage sind, jegliche Situationen vollkommen rational einzuschätzen. Mitunter treffen sie durch ihre Krankheit beeinflusst Entscheidungen, die sie nach dem Überstehen der Depression bereuen, bzw. in gesundem Zustand anders getroffen hätten. Es ist gerade in einer Partnerschaft wichtig, offen über diese „Problematik“ zu sprechen und anzubieten, bei Entscheidungen als Mitentscheider aufzutreten. Hilfreich ist natürlich, dabei völlig nüchtern zu argumentieren und nicht aus einer rechthaberischen Position zu sprechen oder dem Erkrankten gar das Gefühl zu geben, er sei durch seine Depression gar nicht mehr in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen.

Immer wieder können diese Gespräche und die aufkommenden Themen dabei durchaus auch etwas unangenehm sein. Dennoch müssen sie geklärt werden. Ein gutes Beispiel ist etwa die Arbeit des Erkrankten. Die Depression kann diese massiv beeinträchtigen. Im BKK Gesundheitsreport 2019 lässt sich auf Seite 76 nachlesen, dass im Jahr 2018 depressive Episoden der Grund dafür waren, dass ganze 16,9 Prozent je 1000 beschäftigter BKK-Mitglieder zumindest zwischenzeitlich arbeitsunfähig wurden. Selbst, wenn Depressive der Ansicht sind, sich um diese Themen im akuten Krankheitszustand nicht kümmern zu können, müssen sie gerade in einer Partnerschaft geklärt werden.

Auch etwa die Risikolebensversicherung ist ein Thema, über das gesprochen werden sollte. So spielen Depressionen bei den zugehörigen Gesundheitsfragen nämlich eine wichtige Rolle. Sie sind nicht weniger relevant als etwa Tumorerkrankungen, chronische Abhängigkeiten oder Berufe mit erhöhter Unfallgefahr. Denn bei Menschen mit Depressionen wird das Risiko suzidal zu werden, höher eingeschätzt, als bei gesunden Menschen. Wer im Todesfall sicherstellen möchte, dass die Hinterbliebenen und vor allem der Partner finanziell abgesichert ist, sollte sich auch mit diesem Thema auseinandersetzen – auch, wenn selbstverständlich niemand vom Schlimmsten ausgehen sollte.

Hoffnung machen, aber den Druck rausnehmen

Abschließend soll noch etwas zur grundsätzlichen Einstellung der Depression gegenüber gesagt werden. Es sollte klargeworden sein, dass man sich als gesunder Partner nie vollständig in einen depressiven Menschen hineinversetzen kann. Dennoch geht es darum, zu versuchen, den Erkrankten stets bestmöglich zu verstehen und seine Stimmung und Emotionen zu akzeptieren.

Doch natürlich besteht auch der Wunsch und die Bestrebung, den erkrankten Partner so schnell es geht wieder gesund zu sehen, erlöst von seinen Leiden an den Depressionen. Dieser Wunsch ist menschlich und er hilft dabei, die richtigen Dinge zu tun und zu unternehmen, um den Kranken einen Rahmen zu geben, der Positivität und Kraft spendet. In diesem Rahmen ist es sinnvoll, Hoffnung zu spenden. Zu vermitteln: Du schaffst das, wir schaffen das zusammen! Die Depression wird wieder verschwinden!

Genauso wichtig wie diese Hoffnung ist es aber auch, den Druck rauszunehmen, wieder bald gesund werden zu müssen. Der Partner soll nicht den Eindruck bekommen, die Beziehung durch seine Krankheit so stark zu beeinflussen, dass er ihr immens schadet oder sie gar gefährdet und sich daher „zusammenreißen“ muss oder Ähnliches. Auch sollte man ihm nicht das Gefühl geben, dass er alle anderen mit in sein Leiden hineinzieht. Das kann durchaus passieren, der Erkrankte trägt daran aber keine Schuld – schließlich ist er krank und dafür kann er per se erst einmal nichts.

Mit ein wenig Geduld und einer sensiblen, aber positiven und hoffnungsvollen Herangehensweise an die Krankheit, kann eine Depression also deutlich angenehmer für beide Partner verlaufen. Druck hingegen ist immer fehl am Platz und verschlimmert eine Depression mitunter sogar.

 

Quellen

Patienten-Information.de - Depression Ratgeber für Anghehörige - Abgerufen am 05.03.21
patienten-information.de/kurzinformationen/depression-ratgeber-fuer-angehoerige

Deutsche Depressionshilfe - Rat für Angehörige - Abgerufen am 05.03.21
deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/rat-fuer-angehoerige

Beratung.help - Depression in der Partnerschaft - Abgerufen am 05.03.21
beratung.help/a/depression-in-der-partnerschaft

Statista.com - Anzahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund depressiver Episoden (F32) nach Geschlecht in den Jahren 2014 bis 2018 - Abgerufen am 05.03.21
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/445980/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-depressiver-episoden-nach-geschlecht/


Bildquellen

adobe.stock / kittiphan

health Beliebter Eintrag: Vitamin C
Über gesundu.de

gesundu.de ist das deutschlandweite Portal im Dienste Ihrer Gesundheit. Als Gesundheitsnetz Deutschland verbinden wir mehr als 370.000 medizinische und soziale Einrichtungen und ermöglichen dadurch einzigartige Kooperationen und einen weitläufigen Wissensaustausch. Über unser Portal können Sie Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten in Ihrer Nähe finden und direkt online einen Termin buchen. Neben der Arztsuche und Terminvergabe können Sie durch die Zusammenarbeit von gesundu.de und der Shop Apotheke mehr als 50.000 apothekenpflichtige Medikamente direkt zu sich nach Hause bestellen. Zuletzt vermitteln wir mit dem Gesundheitsnetz Deutschland Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen für Ärzte, Apotheker, Pfleger und Erzieher und stellen Ihnen ein umfangreiches Gesundheitslexikon zur Verfügung. In unserem Magazin erscheinen zusätzlich regelmäßig medizinische Fachartikel, die Fragen zu Krankheiten, Behandlungen und Ihrer Gesundheit beantworten. Kunden von gesundu.de können eigene Artikel hochladen, sodass Sie stets Informationen zu aktuellen Themen vorfinden.